Zwischen Kälte, Chaos und Zuversicht: Ein Jahr später
off001 • Vor einem Jahr haben wir unseren Van-Ausbau offiziell beendet. Das war zwar noch nicht wirklich das Ende, jedoch der Anfang für etwas ganz Neues.
Dieser Artikel wurde am 24.12.2024 zum ersten mal veröffentlicht.
Heute, vor genau einem Jahr, Heiligabend 2023, gegen 16 Uhr, haben wir das letzte Mal das Tor zu unserer angemieteten Werkstatt abgeschlossen. Alles, was wir noch dort hatten, haben wir in den Bus gestopft und sind bei starken Windböen im Dunkeln von Brandenburg nach Thüringen gefahren. Völlig übermüdet, völlig am Ende. Und irgendwie glücklich.
Drei Wochen vorher
Ende November hatten wir unsere Wohnung aufgegeben. Ohne eine neue zu haben. Wir sind in unseren Bus gezogen, an dem wir die letzten Monate — eigentlich Jahre — gearbeitet hatten und den wir nun endlich fertigstellen wollten. Das hieß: die finale Ausbauphase des Busses plus Umzugsstress. Kisten packen, Sachen verkaufen, Transporter organisieren. Da wir alles, was wir nicht endgültig loslassen wollten, bei der Familie einlagern konnten, hieß es bereits jetzt: Alles packen und ab nach Thüringen. 300 km hin, ausladen, 300 km zurück.
Nachdem ein paar Tage später der Wohnungsschlüssel abgegeben war, mussten erst einmal alle Klamotten im Bus ihren Platz finden. Parallel brauchten wir Wasser. An der Tankstelle, an der ich sonst Wasser auffüllte (auch der einzige Wasserhahn weit und breit), waren die Leitungen eingefroren. Also leisteten wir den LKW-Fahrern in der Dusche Gesellschaft… Wasser holten wir uns dann im Supermarkt und füllten jede der 50 Flaschen per Hand in den Tank. Super Idee, im Winter in einen noch nicht fertigen Bus zu ziehen…
Die letzten Meter
Dann ab zur Werkstatt. Schließlich musste der Ausbau ja weitergehen. Wir wohnten jetzt zwar „offiziell“ hier drin, wie oben geschrieben, war aber noch einiges zu tun. Die Wochen vor unserem Umzug waren mit der ganzen Organisation und dem parallelen Ausbau schon hart; allerdings hatten wir ja noch die Wohnung. In den folgenden drei Wochen, wohnten wir in einem Industriegebiet, mitten im brandenburgischen Wald, bei Temperaturen nahe 0°C in einem halbfertig ausgebauten Bus, den wir in dieser Zeit versuchten fertigzustellen. Nachdem wir mehrfach die Kündigung der Werkstatt aufgeschoben hatten, hatten wir sie trotz alledem nun festgemacht: Ende des Jahres.
»Es muss der richtige Weg sein, wenn wir trotz der ganzen Herausforderungen immer noch Lust daran haben und weitermachen wollen«
Immer wieder, während wir in diesem Ausbauprojekt steckten, hab ich gedacht: "Es muss der richtige Weg sein, wenn wir trotz der ganzen Herausforderungen immer noch Lust daran haben und weitermachen wollen". In dieser letzten Phase; den letzten zwei Monaten ungefähr, schwand die Lust immer mehr und wir funktionierten einfach nur noch. In der Werkstatt stehen von morgens um 9 Uhr bis spät in die Nacht. Wochen am Stück. Mit dem Heizstrahler auf die Hände gerichtet, sodass man überhaupt etwas spürt und nicht bei jeder Berührung die Finger anfangen zu bluten.
Noch ein letztes mal zusammenreißen
Bis zum letzten Tag haben wir überlegt, an welchem Tag wir die Werkstatt final abschließen und abgeben wollten. Es gab ja immer noch kleinere Baustellen im Bus. Als ich am 23.12. mit einem Stück Holz in der Hand aus der Werkstatt kam, um es im Bus zu befestigen, und auf einmal spürte, wie sich alles um mich herum drehte und ich für einen kurzen Moment nichtmal mehr wusste, was ich mit dem Teil machen wollte, war allerdings klar: Die Grenze ist erreicht — es ist einfach alles zu viel und wir brauchen ein Ende.
Am selben Abend fingen wir an, Ordnung schaffen. Sortieren, packen, putzen, entsorgen. Mehrere Säcke voll Müll. Sägespäne aus vielen Monaten, die überall verteilt war. Alles musste irgendwohin. Ein paar Dinge konnten wir dort lassen. Holz, Lacke und anderen Kram, den wir auch nicht mehr in den Bus bekamen, sollten sich die Vermieter oder die Leute aus die anderen Werkstätten holen — wir wollten nur noch weg. Als dann alles soweit geschafft war, liefen wir noch ein paar Mal durch die fast leere Werkstatt und versuchten, noch einmal klar zu denken. Haben wir irgendwas vergessen? Sind wir wirklich bereit? Wir schlossen die Tür, hängten das Schloss ein und legten den Schlüssel am vereinbarten Ort ab. Ein paar Minuten später waren wir mit dem, bis zum Dach beladenen Bus, auf der Autobahn.
Das war 'ne krasse Zeit
Damit gingen die für uns anstrengendsten und forderndsten Tage, Wochen und Monate zu Ende, die wir in den letzten Jahren durchlebt haben. Es fiel mir noch nie so schwer, morgens aufzustehen. Mir haben noch nie so sehr der Rücken, die Hände und Arme wehgetan. Und trotzdem hat mich irgendetwas immer wieder dazu gebracht, weiterzumachen. Nie habe ich darüber nachgedacht, abzubrechen.
Was auch immer es war, es hat dazu geführt, dass wir jetzt, ein Jahr und mehrere tausend Kilometer später auf die Berge der Sierra Nevada schauen und voller Überzeugung sagen: Es war die beste Entscheidung, die wir treffen konnten und all die Strapazen, jeder Rückschlag, jedes graue Haar — der ganze Scheiß, der uns bis hierhin passiert ist (und davon steht hier noch garnichts geschrieben…) — es hat sich sowas von gelohnt!
Noch ein kleiner Einblick in die jetzige Situation — Frohe Weihnachten!